30. April 2020

Wie Corona die Zusammenarbeit verändert

Elisabeth Hirtl

Co-Gründerin

elisabeth@wunder-raum.ch
+41 55 415 70 00
Zusammenarbeit nach Corona

Als Coworking Space Betreiberinnen sind wir vor allem eines: Gastgeberinnen, die sich für das Wohl der Gemeinschaft interessieren. In den letzten Wochen haben wir viel zugehört, viel diskutiert und viel gelernt. Wir möchten in diesem Beitrag kurz innehalten und laut darüber nachdenken, wie sich unsere Zusammenarbeit verändert hat und verändern wird.

Peter goes digital – und entdeckt neue Qualitäten

Im Kalender stehen am Vormittag zwei Besprechungen in Pfäffikon, ein Business Lunch in Zürich und am Nachmittag drei weitere Meetings am Firmenhauptsitz – mit potenziellen Investoren, einer Kandidatin für eine offene Geschäftsleitungsposition und zum Schluss ein Projekt-Update. Ein normaler Tag vor Corona.

Heute sitzt Peter leger gekleidet im Homeoffice. Er klickt auf den Link in seiner Agenda und innerhalb von Sekunden betritt er den virtuellen Meetingraum. Seine Gesprächspartnerin ist bereits online, auf dem virtuellen Desktop sind die Traktanden ersichtlich. So geht das den ganzen Tag. Kurzer Klick auf den Link in der Agenda und er ist verbunden, mit einer oder mehreren Personen. Einzig der Business-Lunch und das Pendeln entfallen. Dafür gibt es ein Mittagessen mit der Familie und die tägliche Joggingrunde im Wald.

Die Zusammenarbeit hat sich durch Corona unumkehrbar geändert

Bis vor kurzem haben wir Präsenzformate wenn immer möglich dem virtuellen Austausch vorgezogen: sich mit allen Sinnen begegnen, lautete die Devise. Virtuelle Formen der Zusammenarbeit wurden zwar praktiziert, aber nur in gewissen Situationen, z.B. wenn Reisezeiten unverhältnismässig schienen oder der Fokus eher auf einem Update als einer substanziellen Diskussion lag.  Fast über Nacht zwang uns Corona dazu, radikal umzudenken. Die Skepsis gegenüber Videoconferencing und anderen Collaboration-Lösungen wich der Dankbarkeit, dass Zusammenarbeit überhaupt möglich war. Und diese wurde wiederum durch eine gewisse Begeisterung abgelöst. Weil wir fitter geworden sind in der Nutzung des digitalen Arbeitsplatzes und darüber hinaus unsere Meeting-Methoden erweitert haben. Weil wir erkannt haben, dass virtuelle Begegnungen viel näher an die Realität rankommen, als uns bewusst war. Und weil Vieles – wie etwa spontane Abstimmungen – plötzlich leichter und unkomplizierter von der Hand ging.

Die Vorteile von Online-Meetings und virtueller Zusammenarbeit waren schon lange bekannt: Nebst Vorteilen für die Umwelt und Verkehrsinfrastruktur resultierten Einsparungen von Reisezeiten und -kosten. Darüber hinaus ermöglichen digitale Instrumente auch Dinge, die in der analogen Welt kaum möglich sind – etwa die dezentrale Zusammenarbeit und der Zugang zu globalen Talentmärkten.

Dank der technologischen Entwicklung sowie den signifikanten Investitionen in Kollaborationslösungen ist die virtuelle Zusammenarbeit heute praktisch für jeden möglich geworden. Und dennoch brauchte es die Corona-Krise als Impuls für ein echtes Umdenken, Hinterfragen und Loslassen.

Wie gelingt virtuelle Zusammenarbeit noch besser?

  • Klare Agenda und erwartete Beiträge der Teilnehmenden kommunizieren
  • Kurze Eisbrecher zu Beginn einplanen
  • Gute Zeitplanung inkl. Diskussionsblöcke (1/3 für Präsentieren, 2/3 für Diskutieren)
  • Moderation des Meetings sicherstellen
  • Dokumente teilen, wenn möglich bereits elektronisch vor dem Meeting zur Vorbereitung
  • Check-in Runde am Anfang der Session
  • Alle Meeting-Teilnehmer einbeziehen durch Fragen
  • Entscheide festhalten
  • Schlussrunde mit Abschlussfragen z.B. Wie ist das Meeting für euch gelaufen, was wollen wir behalten, was wollen wir ändern?

Viele haben jetzt die ersten Schritte zur virtuellen Zusammenarbeit gemacht, wertvolle Erfahrungen gesammelt und mit jedem Meeting Neues gelernt. Es ist auch zu beobachten, dass Teams sich in kürzester Zeit neu organisiert haben und ihre physische Kanban-Wand im Teambüro nun digital mit Trello organisieren. Oder CEOs diskutieren über firmeninterne Social Networking Plattformen direkt mit ihren Mitarbeitenden. WOW, was in den letzten sechs Wochen möglich geworden ist.

Werden wir in Zukunft nur noch virtuell zusammenarbeiten? Das glauben wir nicht. Oft hören wir, von Personen, wie Alex, und vielen anderen:

«Uff, diese virtuellen Meetings sind ganz schön anstrengend.»

«Ein Call nach dem anderen, kaum eine Pause»

«Die nonverbale Kommunikation kann trotz Video nicht so gut erfasst werden»

«Mir fehlen die persönlichen Kontakte zu unseren Kunden und zu unseren Teams»

Das Beste aus beiden Welten mitnehmen

Die letzten Wochen fühlten sich an wie ein Massenexperiment – in kürzester Zeit lernten wir, aus der neuen Realität das Beste zu machen. Doch was davon nehmen wir mit, wenn sich schon bald wieder eine gewisse Normalität einstellt? Verfallen wir zurück in alte Muster? Oder verharren wir im Social Distancing, obwohl ein persönlicher Austausch uns viel weiterbringen würde?

Es werden diejenigen Organisationen gestärkt aus der aktuellen Situation hervorgehen, denen es gelingt, kurz innezuhalten und zu reflektieren, wie das Beste aus der Welt vor Corona und die gewonnen Erkenntnisse während der Corona-Phase kombiniert werden können.

Natürlich bleiben physische Meetings oder Workshops wichtig – aber wir werden sie in Zukunft viel gezielter einsetzen, die Methodik noch besser durchdenken und dem Ort bzw. der Atmosphäre noch mehr Beachtung schenken. Denn nur wenn Menschen sich richtig kennengelernt haben, gemeinsame Erlebnisse teilen, die jeweiligen Stärken und Leidenschaften voneinander kennen und einander blind vertrauen, entsteht eine Basis, die auch eine reibungslose virtuelle Zusammenarbeit ermöglicht. Wäre es nicht schön, in Zukunft Zusammenarbeit langsamer und bewusster zu starten und immer wieder mal Innezuhalten – weil wir damit vielleicht langfristig schneller und robuster unterwegs sein könnten?

Vom Wunder der gemeinsamen Erlebnisse.

Im Wunderraum begegnen wir immer wieder Teams, die am Morgen bei uns als Einzelpersonen «einchecken» und am späten Nachmittag als eingeschworene Bande rauslaufen. Was dazwischen wohl passiert ist? Wenn man sich in Räume ausserhalb der eigenen Sitzungszimmer begibt, gewinnt man Distanz zum Tagesgeschäft, bricht die bestehende Hackordnung auf und begegnet frischen Perspektiven. Häufig dürfen wir bei uns Geschäftsleitungen und Projektteams begrüssen, welche sich einen Tag ausklinken um sich vertieft mit den neuen Arbeitswelten in ihrem Unternehmen auseinanderzusetzen. Dabei hören wir sehr oft nachträglich, dass nicht die offizielle Agenda an diesem Tag dem Team zum Durchbruch verholfen hat, sondern die gemeinsamen Erlebnisse, die durch das Eintauchen in den Coworking Space, die neue Raumerfahrung und die zufälligen Begegnungen mit den Coworkern entstanden sind. Diese Erlebnisse schaffen eine ganz andere Diskussionsgrundlage und wirken letzten Endes auch verbindend.

Und jetzt?

Kommen wir zurück zu Peter. Die letzten Wochen waren durch die vielen Online-Meetings intensiv – eigentlich wie immer. Sie haben ihm gezeigt, dass virtuelle Meetings und Zusammenarbeit ausgezeichnet funktionieren. Er ist extrem stolz auf seine Mitarbeitenden, die in kurzer Zeit gelernt haben über virtuelle Tools ihre Arbeit dezentral zu organisieren und zu meistern. Er ist dankbar für die neuen Erfahrungen, die er machen durfte durch die Arbeit von zu Hause: Plötzlich hatte er mehr Zeit für seine Kinder und für die eine oder andere Sporteinheit. Und trotzdem freut er sich auf persönliche Begegnungen und setzt sie viel gezielter ein als früher. So entsteht Mehrwert für alle Teilnehmenden. Und eines ist ihm bewusst geworden: um die Zusammenarbeit zu verbessern, müssen wir nicht auf die nächste Krise warten, sondern nur unserer Offenheit und Experimentierfreude Sorge tragen.

 

Herzlichen Dank an Barbara Josef von der 5-9 AG für den wertvollen Austausch und die Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrags.

 

Interessiert…

  • das Thema mit uns weiter zu vertiefen? Wir freuen uns auf deine Erfahrungen und Überlegungen. Wie immer: persönlich oder virtuell.
  • an gemeinsamen Erlebnissen im Wunderraum? Hier findest du Informationen zu unserem Coworking-, Meeting- und Büroangebot.

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